Projektbeschreibung

Stadt Jülich
Umgestaltung Marktplatz

Die Grundlagen für die Konzeptüberlegungen zur Umgestaltung des Jülicher Marktplatzes wurden im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes Innenstadt, mit intensiver Öffentlichkeitsbeteiligung, im Zeitraum Januar 2019 bis September 2020 gelegt.

Auf Basis von Vorplanungsvarianten erfolgte die Anmeldung bei der Städtebauförderung als erstes großes Umsetzungsprojekt der Gesamtmaßnahme Innenstadt Jülich. Die Variantenberatung in Lenkungsgruppe und Politik führte zum Beschluss der Variante 5 „Neuinterpretation“ am 22.04.2021 im Rat der Stadt Jülich. Die Weiterentwicklung der Planung erfolgte in intensiver Abstimmung mit den verschiedenen Akteuren im Planungsraum. Besonderes zu nennen sind die Beteiligung der Öffentlichkeit (u.a. Hybridveranstaltung, Plakatausstellung, Rückmeldung per Mails/ Briefeinwurf, Onlinebeteiligung), des Arbeitskreises für ein inklusives Jülich, der Kirche, der Marktbeschicker, der Anlieger bzw. Gewerbetreibenden, der Leitungsträger und die gemeinsame Weiterentwicklung der Details mit der Künstlerin Maria Fernandez.

Die durch die Fassaden gebildete Platzkontur wird durch eine „Bodenintarsie“ nachgezeichnet, deren geometrische Strenge („Renaissance“) bewusst durch sich davon lösende Baumfelder als freie Formen („Natur“) spannungsvoll durchbrochen wird. Die so in Feldern gebündelten Baumstandorte schaffen mit Sondersitzelementen Aufenthaltsqualität sowie spannende Blickbeziehungen (auf die Umgebungsbebauung) und sorgen für stadtklimatisch-ökologische Qualität. Ein Wasserspiel (ebenerdiges Fontänenfeld) dient als Anziehungs- und Attraktionspunkt und verbessert in Hitzephasen das Mikroklima des Platzes. Die Gestaltung ermöglicht eine hohe Flexibilität und nahezu freie Bespielung der „städtischen Bühne“ durch Märkte und Veranstaltungen.

Als Grundmaterial wurde, entsprechend der Aspekte Robustheit, Barrierefreiheit, Rutschfestigkeit, Materialkosten sowie der gestalterischen Möglichkeiten, das Material Betonstein mit Natursteinvorsatz ausgewählt. Im Hinblick auf den hohen Qualitätsanspruch an die bedeutende Freianlage Markt-/ Kirchplatz fand ein intensiver Austausch zwischen den Fachplanern, der Stadtverwaltung und der Künstlerin Maria Fernandez bezüglich der Gesamtkomposition bzw. der Oberflächenanmutung statt. In Anlehnung an die Steinkomposition des Intarsien-Mosaiks (Stichworte: Italien, Baukunst, Renaissance) wurde eine Oberfläche für das Bauvorhaben festgelegt. Da der Natursteinvorsatz seine besondere Oberflächenstruktur- und Farbigkeit aus den Natursteinen zieht und nicht künstlich eingefärbt ist, erhält man eine dauerhaft wertige Anmutung und entsprechend der festgelegten Rezeptur, dauerhafte Möglichkeit der Nachproduktion.

Sämtliche Oberflächen werden in robuster Bauweise (nach den anerkannten Regeln der Technik) ausgeführt. Die Natursteinplatten des Schmuckbandes als auch das Natursteinpflaster entlang der Gebäudetraufen bzw. in der Rahmung der Pflanzinseln werden in geschalten Betonstreifenfundamenten verlegt und gebunden verfugt (u.a. zur Standfestigkeit und um den Durchtrieb von Unkraut zu vermeiden – wegen des höheren Fugenanteils gegenüber dem Betonsteinpflaster). Das Schmuckband als auch die Einfassungen der Pflanzinseln erhalten eine niveaugleiche, barrierefreie Stahlkante als konstruktives Element zwischen Naturstein und Betonsteinpflaster.

Die Pflanzinseln werden mit wasserdurchlässiger Oberfläche (wassergebundener Decke, 2 oder 3 Schichtsystem nach FLL-Richtlinie) ausgeführt. Außerdem wird, im Hinblick auf die herausfordernden innerstädtischen Standortbedingungen (Klimawandel, Bodenverdichtung, etc.), ein Wurzelraumschutz nach den anerkannten Regeln der Technik eingebaut.

Grundsätzlich fällt die Querneigung des Platzes weg von den Fassaden, dies gilt auch nach der Verbesserung der Barrierefreiheit im Bereich der Eingangssituationen (teilweise Anhebung / Neumodellierung des Geländes) weiterhin. Anders als im Bestand erhält der Platz eine Linienentwässerung ausgebildet als Pflasterrinnen mit Punktabläufen. Gemäß der aktuellen Berechnung wurden die hydraulischen Einzugsgebiete für die Einläufe optimiert, d.h. es werden im Vergleich zum Bestand wesentlich mehr Einläufe gesetzt. Entlang der Treppen werden gemäß den Vorgaben des Treppenbaus in Freianlagen Entwässerungslinien vorgesehen. Das Schmuckband verfügt über einen Doppelnutzen und dient in weiten Teilen auch der Entwässerung. Die Entwässerung in der Kölnstraße wird, anders als im Bestand, nun als Rinne in Mittellage ausgeführt, was zusätzliche Sicherheit in Bezug auf Wasser entlang der Gebäude und Hauskanten bringt.

Sämtliche Leitungen der Stadtwerke werden entfernt und neu gelegt (Strom, Gas, Wasser). Die restliche Leitungen, insbesondere der Telekommunikation, werden gemäß den Erfordernissen saniert/ erneuert. Die Stadt wird zudem das Kanalnetz und die Hausanschlüsse im Umbaubereich erneuern. Zusätzlich wird ein Versorgungsnetz für Veranstaltungen installiert (u.a. Unterflurelektranten).

Lage und Ausbildung der Fontänen/ Düsen des Wasserspiels wurden in Korrespondenz mit dem Kunstwerk festgelegt. Die Feinplanung für die Technik sowie für die Bodenkammer mit Trocken- und Nass-Schacht wurde von einem Fachplaner für Wasserspiele erstellt. Die grundlegenden Aspekte sind mit dem Tiefbauamt (Kanal) und den Stadtwerken abgestimmt.

Im Sinne der Barrierefreiheit werden die Oberflächen niveaugleich (Versätze unter 2 cm, Mindestmaß aufgrund der Entwässerungsführung notwendig) und ohne Bordsteine gestaltet, auch die Ausbildung niveaugleicher Eingangssituationen im Rahmen der Höhenplanung (Wegfall von Stufen/ provisorischen Rampen vor Eingängen) wurde vom Arbeitskreis für ein inklusives Jülich sehr begrüßt. Die weitere Ausgestaltung der Leitsysteme folgt dem Zwei-Sinne-Prinzip, sodass mit Kontrasten und taktilen Elementen, welche möglichst in die Gestaltung integriert werden, gearbeitet wird. Hinsichtlich der Lage erfolgte eine intensive Variantendiskussion. Letztendlich wird das Leitsystem in den Bereichen der Außengastronomie in einem gewissen Abstand von den Fassaden geführt. Damit wird eine Aufstellung von Außengastronomiemobiliar an den Fassaden ermöglicht, aber dennoch ein geschützter vorgehalten.

Die Ausstattung muss neben gestalterischen Aspekten insbesondere funktionalen Belangen gerecht werden. Dazu wird auf eine möglichst reduzierte Auswahl an Werkstoffen zurückgegriffen. Im Rahmen des Gestaltungskanons wurden in Abstimmung mit den Oberflächen für die Ausstattung die Werkstoffe Cortenstahl und FSC®-zertifiziertes Hartholz ausgewählt. Diese sind in der Anmutung wertig aber trotzdem robust (Vandalismus).

Für die Grundbeleuchtung des Platzes kommen punktuell gesetzte Hochmastleuchten mit LED-Technik (W-LAN Ausrüstung wird noch geprüft) zum Einsatz, die einen „neutralen“, normgerechten (Sicherheitsempfinden, Barrierefreiheit) Lichtteppich garantieren. Für die Straßenräume ist eine in der Formensprache sehr reduzierte Mastleuchte mit flexibel einstellbaren Lichtabstrahlpunkten in LED-Technik vorgesehen. Diese Grundbeleuchtung soll durch Effektbeleuchtung z.B. Pasqualini-Statue, Fontänenfeld, ausgewählte Fassaden, ergänzt werden. Bei der Effektbeleuchtung wird besonders auf eine Feinjustierung zur Vermeidung von „Lichtverschmutzung“ geachtet.